Amazon Last Mile Routing Challenge

Amazon veranstaltet Last Mile Routing Challenge

Anfang 2021 startete Amazon zusammen mit dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) Center for Transportation & Logistics die โ€žAmazon Last Mile Routing Research Challengeโ€œ. Ziel des Wettbewerbs war die Planung einer optimierten Paketzustellung auf der letzten Meile.

Trotz enormer Fortschritte bei der Tourenoptimierung in den vergangenen Jahren, besteht nach wie vor eine Lรผcke zwischen der theoretischen Optimierung und der tatsรคchlichen Umsetzung von Touren. Insbesondere bei der praktischen Umsetzung bestimmt vor allem noch das Fahrerwissen den Ablauf einer Tour. Im Rahmen des von Amazon veranstalteten Wettbewerbs sollte daher untersucht werden, wie Algorithmen das Wissen erfahrener Zusteller erlenen und fรผr die optimierte Zustellung auf der letzten Meile nutzen kรถnnen.

Bei der mathematischen Herangehensweise des Problems handelt es sich um eine neue Variante des bekannten Travelling Salesman Problems. Dabei wird die kรผrzeste Tour durch eine Vielzahl von Stรคdten oder Paketadressen gesucht. Ob es effiziente Algorithmen fรผr dieses Problem gibt oder nicht geben kann, hรคngt unmittelbar mit dem โ€žMilleniums-Problem P vs. NPโ€œ zusammen.

Stephan Held, Mitglied des Greenplan Forschungsteam, und sein Team prรคsentieren die effizientesten Ergebnisse

Unter den 2.285 Teilnehmern des diesjรคhrigen Wettbewerbs war auch Professor Dr. Stephan Held vom Hausdorff Center for Mathematics und Mitglied des Greenplan Entwicklerteams der Universitรคt Bonn. Zusammen mit seinen Teamkollegen Keld Helsgaun (Dรคnemark) und William Cook (Kanada) versuchte er die Problemstellung durch eine Weiterentwicklung bekannter kombinatorischer lokaler Such-Algorithmen zu lรถsen โ€“ mit Erfolg. Das Team um Stephan Held prรคsentierte um 42% bessere Ergebnisse als die Zweitplatzierten vom MIT. Diese auรŸergewรถhnliche Leistung wurde mit einem Preisgeld von 100.000 Dollar belohnt.  

Das Team erkannte in den gefahrenen Touren eine zweistufige hierarchische Cluster-Struktur, die zu einer neuen Variante des Traveling Salesperson Problems fรผhrt. Darรผber hinaus extrahierten sie sogenannte Reihenfolgebeschrรคnkungen zwischen den Clustern aus einer bekannten Tour mit einer รคhnlichen Cluster-Struktur. Solche Reihenfolgebeschrรคnkungen sagen zum Beispiel aus, dass Cluster A vor B und C angefahren werden soll. Daraus ergaben sich neue sogenannte disjunktive Reihenfolgerestriktionen. Diese geben vor, dass die Cluster entweder in der Reihenfolge A, B, C oder in der Reihenfolge B, C, A besucht werden mรผssen.

Maschnielles Lernen nicht die prรคferierte Lรถsung

Interessanterweise zeigte sich, dass Maschinelles Lernen nicht den bevorzugten Lรถsungsansatz der Teilnehmer darstellte. Lediglich 35% aller teilnehmenden Teams nutzten Techniken des Maschinellen Lernens zur Lรถsung der Fragestellung. Laut Held spiele Maschinelles Lernen fรผr kombinatorische Optimierungsprobleme wie das klassische TSP bislang noch keine groรŸe Rolle, obwohl vielfach daran geforscht werde.

Seinen eignen Ansatz kommentiert Held so: „Der Hype um das Machine-Learning fรผhrt dazu, dass man sich heutzutage fast schon rechtfertigen muss, auf diese Methoden in der diskreten Optimierung zu verzichten. Fรผr mich war es eine zentrale Motivation umgekehrt auf einem Machine-Learning-Wettbewerb, welcher auf einem kombinatorischen Optimierungsproblem basiert, die Stรคrke von Optimierungsalgorithmen zu demonstrieren.โ€œ

Der Mathematiker vermutet, dass kombinatorische Algorithmen (wie Greenplan) weiterhin die Zukunft fรผr die Tourenplanung und -optimierung sein werden โ€“ mรถglicherweise in Kombination mit maschinellen Lernalgorithmen.

An dem Wettbewerb nahmen insgesamt 220 Teams aus 22 Lรคndern teil. 45 Teams schafften es bis in die letzte Runde.

Lesen Sie hier die Pressemitteilung der Universitรคt Bonn.